Ich hatte - bevor ich durch meine ehemalige Französischlehrerin auf das Brigitte-Sauzay-Programm aufmerksam gemacht wurde - bereits drei Jahre Französischunterricht. Das Programm war die perfekte Mischung - nicht zu lang und keine hohen Kosten. Auch meine Eltern waren begeistert von der Idee.
Und schon stand bald fest, dass ich ab Oktober 2014 drei Monate in Frankreich verbringen werde, genauer gesagt in Ervy-le-Châtel, einem kleinen Dorf östlich von Paris, bei meiner Austauschpartnerin Ayla. Ich war im Mai schon für eine Woche bei ihr durch den Austausch mit unserer französischen Partnerschule, die ich auch während der drei Monate besucht habe.
Schon damals haben wir uns sehr gut verstanden und auch als ich dann im Oktober mit dem Zug am Bahnhof ankam, haben sie und ihre Familie mich wieder herzlich aufgenommen. Die Familie besteht aus vier Kindern (14, 18, 22 und 26 Jahre) und den Eltern. Ihr Haus steht mitten im Wald, sie haben zwei Esel und einen großen Garten. Mein Zimmer war relativ groß und ich habe mich sehr wohlgefühlt, auch wenn ich manchmal etwas Heimweh hatte.
Da ich zur Ferienzeit ankam, passierte in den ersten Tagen relativ wenig, dafür hatte ich genug Zeit mich einzuleben. Mit meinen Eltern und Freunden hielt ich über Telefon und Facebook Kontakt. In der zweiten Woche haben wir die Großmutter besucht, welche mitten in Paris lebt. Wir sind auf den Eiffelturm gegangen, waren natürlich shoppen und auch sehr viel im Kino. Anfangs hatte ich ein paar Schwierigkeiten, denn die Filme in französischen Kinos sind meistens auf Englisch mit französischen Untertiteln, doch nach zwei bis drei Malen habe ich mich daran gewöhnt (ich habe dadurch auch mein Englisch sehr verbessert).
Anfang November ging es dann in die Schule. Auch wenn ich schon viele Leute vom Austausch kannte, war ich sehr aufgeregt. In der Schule wurde ich aber nett begrüßt, und meine Sorge war ganz unbegründet. Natürlich hatte ich anfangs Schwierigkeiten mit dem Sprechen, doch nach ca. zwei Wochen habe ich immer öfter Komplimente dafür bekommen, dass ich sehr gut Französisch spreche. Ich habe immer versucht, dem Unterricht so gut wie möglich zu folgen, auch wenn ich vieles nicht so gut verstanden habe. Mein Lieblingsfach war natürlich Deutsch, aber auch Geschichte hat mir sehr gefallen, da ich viel über die Frankreich lernen konnte.
Es war sehr komisch für mich, dass die Schule erst so spät beginnt - ganze zwei Stunden später als bei mir in Deutschland. Auch der Rest des Schulalltags war erstmal sehr gewöhnungsbedürftig für mich. Man hat dort viel weniger Freiheiten und es ist allgemein ziemlich streng. Beim gemeinsamen Mittagessen saß ich anfangs immer mit bei den Freunden von Ayla, aber nach einem Monat hatte ich auch selbst Freunde gefunden, zu denen ich mich setzen konnte und die mir über die Monate sehr ans Herz gewachsen sind.
Leider konnte ich meine Freunde nicht so oft treffen, da ich sehr weit weg von der Schule gelebt habe, und meine Gasteltern sehr viel arbeiten mussten. In meiner Freizeit habe ich deshalb oft gelernt und mit meinen deutschen Freunden telefoniert und einmal in der Woche waren wir in der Stadt zum Einkaufen. Es ist sehr interessant, wenn man sich auf Französisch mit Menschen verständigen MUSS, es hat mich anfangs sehr viel Überwindung gekostet. Wenn man aber einmal geschafft hat, über seinen Schatten zu springen, schafft man das auch öfters.
Ich habe sehr viele Bekanntschaften in Frankreich gemacht, mit denen ich immer noch Kontakt halte, was mich sehr freut. Franzosen schienen mir immer sehr ernst und unfreundlich, aber ich konnte während meines Aufenthaltes feststellen, dass das gar nicht so ist. Alle waren sehr freundlich zu mir und wenn ich mal etwas nicht verstanden habe oder es Missverständnisse gab, wurde mir immer sofort geholfen. Alle haben versucht, meinen Aufenthalt so schön wie möglich zu gestalten und ich würde sagen, das hat auch funktioniert.
Ich denke, dass ich sehr viel von diesem Aufenthalt mitgenommen habe – in erster Linie natürlich bezüglich der Sprache. Ich verstehe mittlerweile sehr gut Französisch und kann, auch wenn mal etwas schneller gesprochen wird, jedem Gespräch folgen. Es fällt mir mittlerweile auch sehr viel leichter, Französisch zu sprechen. Ich habe weniger Hemmungen und bin selbstsicherer geworden. Auch meine Persönlichkeit hat sich verändert. Ich bin nicht mehr so zurückhaltend und kann auch meine Meinung besser äußern. So ein Austausch ist einfach eine super Möglichkeit sich selbst zu beweisen, dass man nur an sich glauben muss, um an sein Ziel zu kommen.
Die Zeit in Frankreich ging für mich viel zu schnell um, auch wenn ich mich natürlich sehr auf mein Zuhause gefreut habe, als es dann hieß: Koffer packen!
Im Nachhinein habe ich mich sehr darüber geärgert, dass ich mich anfangs noch nicht getraut habe zu sprechen. Ich hätte sicher sehr viel mehr Erfahrungen machen können, wenn ich nicht so schüchtern gewesen wäre.
Das Programm ist eine sehr gute Möglichkeit, die andere Kultur und natürlich das Land besser kennen zu lernen, allerdings finde ich, dass drei Monate ein zu kurzer Zeitraum sind, um wirklich das Leben dort wie ein richtiger ,,Franzose‘‘ zu leben. Ich bereue es aber ganz und gar nicht, diesen Austausch gemacht zu haben und freue mich sehr darüber, dass meine Austauschpartnerin nun drei Monate bei mir verbringt und wir noch viel zusammen erleben können.